Dokumente enthüllen – Wie deutsche Institutionen wirklich arbeiten
Wie aus den Gerichtsakten hervorgeht, die im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens 2021 der Staatsanwaltschaft Stuttgart vorlagen, ordnete der Richter im Verfahren 17 O 190 aus dem Jahr 2020 am 16. April die Zustellung der Klageschrift an einen Anwalt an, dessen Name beim Landgericht Stuttgart zu diesem Zeitpunkt weder in den Akten vermerkt noch durch eine Vollmacht legitimiert war.

In der Verfügung vom 16. April 2020 wird zunächst die gesetzlich vorgeschriebene Frist gesetzt: Die Beklagte hat innerhalb von zwei Wochen mitzuteilen, ob sie sich gegen die Klage verteidigen möchte, und innerhalb von drei Wochen nach Ablauf dieser ersten Frist zur Sache Stellung zu nehmen. Auffällig ist jedoch, dass das Gericht auf der zweiten Seite ausdrücklich anordnet, die Klageschrift samt Anlagen per Einschreiben an einen Anwalt zuzustellen, dessen Mandatierung zu diesem Zeitpunkt nicht nachgewiesen war.

Am Freitag, dem 17. April 2020, übersandte das Landgericht die Klageschrift an den genannten Anwalt. Am darauffolgenden Montag, dem 20. April, bestätigte dieser gegenüber dem Gericht den Erhalt der „Verfügung vom 16.04.2020 sowie der Klageschrift vom 05.03.2020“ und erklärte: „Ich bin zur Entgegennahme legitimiert.“

Die Vertretungsanzeige, datiert auf den 22. April 2020, mit der Anwalt L. dem Gericht offiziell mitteilte: „… dass die Beklagte anwaltlich durch mich vertreten wird“, wurde erst zwei Tage nach seiner vorherigen Erklärung unterzeichnet – und volle fünf Tage nach der gerichtlichen Zustellung der Klageschrift ausgestellt. Der Eingangsstempel des Landgerichts bestätigt den Zugang der Anzeige erst am 24. April. Damit ist dokumentiert, dass die formelle Mitteilung der anwaltlichen Vertretung zeitlich deutlich nach der tatsächlichen Zustellung der Klageschrift erfolgte.

Am Dienstag, dem 21. April 2020 – also zwischen dem Empfangsbekenntnis des Anwalts und seiner späteren Vertretungsanzeige beim Gericht – verfasste dieser eine E‑Mail an die Beklagte. In Bezug auf ein Telefonat am selben Tag teilte er darin die für das gerichtliche Verfahren anfallenden Gebühren von 2.496,14 € mit und schlug einen Gesprächstermin für die Folgewoche vor. Dieses Vorgehen entspricht einer üblichen Methode zur Vorbereitung eines Mandats. Ausdrucksweise und Zeitpunkt lassen keinen Zweifel: Als die E‑Mail – nicht Teil der Gerichtsakte, sondern aus dem privaten Dokumentenbestand der Beklagten – verfasst wurde, war die Mandatierung noch nicht abgeschlossen, und dem Gericht lag keine rechtswirksame Vollmacht vor.

Institutionelle Vorentscheidung statt rechtsstaatlicher Legitimation
Die E‑Mail vom 21. April – im Kontext der Verfügung vom 16. April, der Zustellung am 17. April und der Anzeige vom 22. April – zeigt nicht nur eine fehlende Legitimation, sondern legt offen, wie die anwaltliche Vertretung durch informelle Abstimmung zwischen Gericht und Anwalt vorentschieden wurde. Sichtbar wird hier keine rechtsstaatliche Zuweisung, sondern eine institutionelle Verflechtung ohne Transparenz.
Selbst nach Abschluss des Verfahrens und der mündlichen Verhandlung am 19. Januar 2021 findet sich in den Gerichtsakten aus April 2021 keine Vollmacht der Beklagten. Daraus ergibt sich eindeutig: Dem Landgericht wurde zu keinem Zeitpunkt eine rechtsgültige Vollmacht vorgelegt. Die Aktenlage, wie sie der Staatsanwaltschaft Stuttgart im Ermittlungsverfahren vorlag, belegt, dass die anwaltliche Vertretung niemals formell legitimiert wurde.
Die dokumentierte Handlung folgt ganz sicher nicht den zentralen Grundsätzen des deutschen Zivilprozessrechts. Denn laut Zivilprozessordnung darf eine Klageschrift gemäß §§ 80, 81 ZPO ausschließlich einem Anwalt übermittelt werden, der durch eine von der Partei unterzeichnete Vollmacht gegenüber dem Gericht legitimiert ist. Eine Zustellung ohne formelle Legitimation ist gesetzlich ausgeschlossen.
Die Klageschrift wurde jedoch am 17. April 2020 an einen Anwalt gesendet, dessen Mandatierung zu diesem Zeitpunkt weder angezeigt noch durch eine Vollmacht belegt war. Die später eingereichte Vertretungsanzeige vom 22. April sowie die E‑Mail-Kommunikation vom 21. April belegen eindeutig: Die Mandatierung war zum Zeitpunkt der Zustellung nicht abgeschlossen. Auch nach Abschluss des Verfahrens lag dem Landgericht keine rechtsgültige Vollmacht vor.
Das Gericht handelte somit nicht auf Grundlage der gesetzlichen Vorgaben, sondern auf Basis einer internen Vorentscheidung. Diese Vorgehensweise unterläuft den Grundsatz der prozessualen Transparenz und verletzt das Recht auf rechtliches Gehör sowie die freie Wahl der anwaltlichen Vertretung.
Was hier sichtbar wird, ist keine bloße Verfahrensabweichung, sondern ein strukturelles Muster: Die Beklagte wurde nicht nur übergangen, sondern in ihrer Handlungsfähigkeit gezielt eingeschränkt. Die Wahl des Anwalts wurde faktisch vorentschieden – nicht durch die Beklagte selbst, sondern durch ein informelles Netzwerk, das sich außerhalb der dokumentierten Aktenlage formierte.
So arbeiten Institutionen in Deutschland: als Muster institutioneller Komplizenschaft zwischen Gericht, Anwalt der Beklagten und deutschstämmiger Klägerin – zum strukturellen Nachteil einer Beklagten mit Migrationshintergrund.
Und dann behauptet man, Gerichte würden gegen Rechtsextremismus arbeiten.
Dokumentierte Grundlage – juristisch und visuell rekonstruierbar
Diese vier Dokumente genügen, um die rechtsstaatlich nicht legitimierte Zustellung und die informelle Machtvergabe zwischen Gericht und Anwalt lückenlos zu rekonstruieren:
Verfügung vom 16. April 2020
→ Gerichtliche Anordnung zur Zustellung der Klageschrift an einen nicht legitimierten Anwalt
Zustellungsbericht & Empfangsbekenntnis vom 20. April 2020
→ Belegt, dass die Klageschrift bereits am 17. April zugestellt wurde, bevor eine Mandatierung angezeigt oder belegt war
E‑Mail vom 21. April 2020
→ Aus dem privaten Dokumentenbestand der Beklagten; zeigt, dass die Mandatierung zum Zeitpunkt der Zustellung nicht abgeschlossen war.
Vertretungsanzeige mit Eingangsstempel vom 24. April 2020
→ Formelle Anzeige der anwaltlichen Vertretung, eingereicht fünf Tage nach Zustellung der Klageschrift, ohne rechtswirksame Vollmacht um die rechtsstaatlich nicht legitimierte Zustellung und die informelle Machtvergabe zwischen Gericht und Anwalt lückenlos zu rekonstruieren.
